Der geplatzte Traum.

Mittwoch, 06. Mai 2020. Seit 21. März sitze ich hier auf Antigua fest. Zwar vergehen die Tage wie im Flug, aber die Rückkehr in die Heimat ist leider noch immer in weiter Ferne.

Die Corona Krise hat auch vor mir nicht Halt gemacht und somit ist die geplante Weltumsegelung erst einmal vom Tisch. Die Welt steht Kopf und ich habe den Eindruck, dass viele Regierungen überhaupt nicht wissen, was sie tun sollen und somit erstmal reagieren und nicht agieren. Die Zeche bezahlt der Bürger.

Ich liege hier vor Anker und habe eigentlich alles, wovon andere Segler träumen. Mache mein Wasser selbst, bin unabhängig vom Strom und kann auf Grund meines Generators die Waschmaschine jederzeit laufen lassen. Ich habe zu essen und viele nette Segelfreunde um mich herum und dennoch bin ich nicht wirklich zufrieden.

Ich habe mir Gedanken gemacht über das „Paradies“ in dem ich mich gerade befinde und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich gedanklich in der Hölle besser aufgehoben wäre. Das Paradies ist einsam und macht träge.

Was ist passiert in den letzten sechs Wochen das meine Einstellung zum Leben und den Regierenden so verändert hat? Nichts ist so wie es mal war und nach meiner Rückkehr werde ich die Konsequenzen daraus ziehen.

Aber jetzt zu mir. Nach langer Wartezeit sind nach zwölf Wochen endlich meine Segel eingetroffen. Um diese anzuschlagen musste ich in die Lord Nelsen Dock Marina und nutze die Zeit, das Schiff wieder mal gründlich zu reinigen. Bei der Einfahrt in die Marina stellte ich fest, dass die elektronische Gassteuerung nicht richtig funktioniert eund machte mich mit gemeinsam mit Freund John (Elektroingenieur) daran, den Fehler zu beheben. Nach ausgiebiger Recherche im Internet waren wir jedoch genauso schlau wie am Anfang und so versuchten wir zu improvisieren, was uns auch anfänglich gelang, sich später jedoch als großer Trugschluss herausstellte.

Beim Ablegen passierte es dann. Ich startete den Motor und er funktionierte einwandfrei . Als nächstes Leinen los und Anker auf, ich legte den Gang ein und nichts passierte. „Scheisse dachte ich, muss das denn jetzt sein, als hätte ich in der letzten Zeit nicht schon genug Stress gehabt“. Also hieß es, Anker wieder runter und mit John den Fehler suchen. Mittlerweile versammelten sich auch schon Zuschauer zum „Hafenkino“ an der Kaimauer. Der Fehler, eine durchgebrannte Sicherung war schnell gefunden und behoben.  Der Motor nahm wieder Gas an und somit hieß es, Anker auf. Aber der Anker hatte sich auf dem Grund in einer alten Ankerkette verfangen und somit war ich wieder manövrierunfähig.

Das Hafenkino zählte mittlerweile ca. sechzig Zuschauer, die mir gespannt zusahen wie ich jetzt wohl die prekäre Situation meistere, vorwärts, rückwärts Kette rauf und Kette runter und dann, endlich, war die Kette bis auf zwei Meter oben. Jetzt musste getaucht werden, um den Anker mit einer Leine zu entlasten und somit zu befreien. John erwies sich als guter Helfer und schließlich war der Anker frei und das Hafen Kino beschenkte uns mit Beifall. Nach der Rückkehr in die Ankerbucht gab es erst mal ein Manöverbier und ich habe gedanklich die Situation nochmals durchgespielt.

Im Moment scheint alles wieder zu funktionieren und ich sehne den Tag herbei, an dem ich im Flugzeug sitze und nach Deutschland fliege. Zum Glück habe ich hier viele Freunde gefunden die das gleiche Schicksal mit mir teilen.